Die Postremissionstherapie (auch Konsolidierungstherapie genannt) hat zum Ziel, die mit der Induktionstherapie erreichte Remission langfristig zu erhalten. Ohne eine solche Therapie ist zu erwarten, dass die AML relativ rasch wieder zurückkehrt, es also zu einem sogenannten Rezidiv kommt.
Die Postremissionstherapie bei AML besteht meist entweder in einer Fortsetzung der Chemotherapie oder in einer Blutstammzelltransplantation. Ihr behandelnder Arzt wird die verschiedenen Therapieoptionen mit Ihnen besprechen. Wichtige Faktoren beim Entscheid sind Ihre körperliche Verfassung sowie die genauen Eigenschaften Ihrer AML.
Chemokonsolidierung
Meist werden bereits im Rahmen der Induktionstherapie Zytostatika eingesetzt. Dieselben Wirkstoffe können teilweise auch für die anschliessende Postremissionstherapie verwendet werden. Gerade eher jüngere AML-Patienten (unter 60 Jahren) und Patienten in guter körperlicher Verfassung können mit hoher Wahrscheinlichkeit unter dieser Therapie eine langfristige Remission erreichen.
Stammzelltransplantation
Als Stammzelltransplantation wird die Übertragung von Blutstammzellen (hämatopoetische Stammzellen) von einem Spender an einen Empfänger bezeichnet. Blutstammzellen sind die Mutterzellen aller Blutzellen. Im Knochenmark sind sie für die Bildung der roten (Erythrozyten) und weissen Blutkörperchen (oder weissen Blutzellen, Leukozyten) sowie der Blutplättchen (Thrombozyten) verantwortlich. Weil bei einer AML-Erkrankung keine gesunde Blutbildung mehr möglich ist, erhalten Betroffene im Rahmen der Stammzelltransplantation neue Blutstammzellen. Diese können dann wieder neue, gesunde Blutzellen, also Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten, bilden.
In der Regel stammen die transplantierten Blutstammzellen von einem Spender, man spricht von einer allogenen Stammzelltransplantation. In seltenen Fällen werden AML-Patienten eigene Blutstammzellen entnommen und später wieder eingesetzt. Wenn Spender und Empfänger dieselbe Person sind, spricht man von autologer Stammzelltransplantation.
Allogene Stammzelltransplantation
Bei der allogenen Stammzelltransplantation kommen Blutstammzellen eines gesunden Spenders zum Einsatz. Beim Spender kann es sich sowohl um eine verwandte als auch um eine fremde Person handeln. Für eine Stammzellspende müssen bestimmte Gewebemerkmale von Spender und Empfänger übereinstimmen. Das ist unter nahen Verwandten wahrscheinlicher als bei fremden Personen. Steht kein naher Verwandter zur Verfügung, ist der Betroffene auf eine Fremdspende angewiesen. Um in diesem Fall die Chancen auf eine Transplantation zu erhöhen, ist eine sehr grosse Anzahl potenzieller Spender nötig. Diese können sich in Spenderdatenbanken registrieren lassen.
Vor der Übertragung der Spenderzellen auf den Empfänger ist es nötig, die körpereigenen Blutstammzellen des Empfängers mit einer Hochdosis-Chemotherapie (allenfalls zusätzlich mit einer Ganzkörperbestrahlung) zu zerstören. Denn das Immunsystem des Empfängers würde die Spenderzellen als fremd erkennen und mit einer Abstossung der fremden Stammzellen reagieren.
Nach erfolgter Transplantation ersetzen die neuen, gesunden Stammzellen des Spenders die kranken Stammzellen des Empfängers und finden ihren Weg ins Knochenmark. Da sich aus den Blutstammzellen die Blutzellen und damit auch das Immunsystem entwickelt, erhält der Empfänger neben einem neuen blutbildenden System auch ein neues Immunsystem. Dieses kann unter Umständen dabei helfen, im Körper verbliebene Krebszellen zu erkennen und zu eliminieren. In einigen Fällen kann die Erkrankung so unter Kontrolle gehalten oder gar geheilt werden.
Risiken der Stammzelltransplantation
Die allogene Stammzelltransplantation ist körperlich sehr belastend und zeitintensiv. Die Behandlung kann mit Nebenwirkungen oder Komplikationen verbunden sein. So kann es unter Umständen zu einer sogenannten Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung (Engl. graft-versus-host-disease) kommen. Die Immunzellen des Spenders richten sich dann gegen den Körper des Empfängers. Mögliche Reaktionen treten hauptsächlich an Haut, Leber oder Darm des Betroffenen auf. Um solchen Problemen vorzubeugen oder sie zu mildern, werden häufig Medikamente eingesetzt, die das Immunsystem unterdrücken. Dadurch kann über die Transplantation hinaus ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehen (siehe Kapitel „Supportive Therapie“). Die Stammzelltransplantation kommt deshalb in der Regel nur für Betroffene in Frage, die entsprechend kräftig und fit sind. Über die Stammzelltransplantation und mögliche Nebenwirkungen informiert Sie Ihr behandelnder Arzt im persönlichen Gespräch. Er unterstützt Sie dabei, die Chancen und Risiken dieser Therapie für Sie persönlich abzuwägen und eine Entscheidung zu fällen, die für Sie die richtige ist.